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Einfluss. Eitens Woche Nr. 68

Vergangene Woche saß ich mit einem jungen Mann beim Bier. Gerade hatte er eine Familie gegründet, erzählte mir von seinem Weg zum Glauben und von seiner neuen, sehr verantwortungsvollen beruflichen Position. Das Besondere daran: Ich hatte damals beruflich mit ihm zu tun. Nur wenige Pädagogen hätten damals wohl darauf gewettet, das aus dem mal „was wird“, wie man so schön sagt. Wir erzählten von alten Zeiten und lachten uns über sein Verhalten damals genauso kaputt wie über meine teils doch recht eigenwillige sozialpädagogische Herangehensweise.

Einige Wochen zuvor hatte ich von einem Familienvater, zu dem ich noch heute in losem Kontakt stehe, eine Einladung zum 18. Geburtstag seines Sohnes bekommen. Als dieser jetzt Erwachsenen noch ein Kind war, hatte ich mit ihm stundenlang seinen enormen Bewegungsdrang auf dem Bolzplatz ausgehalten. Ich hielt ihn beschäftigt, er hielt mich fit. Der junge Mann spielt heute semiprofessionell Fußball in einer ziemlich erfolgreichen Mannschaft.

Und dann war da noch der heutige Rettungssanitäter, der meinem Sohn seinerzeit im Rahmen eines „Tages der Offenen Tür“ Maßnahmen der Ersten Hilfe beibrachte. Ich sehe tendenziell eher das Gute im Menschen und häufig mehr Potenzial und Ressourcen auf dem Lebenweg als andere – unter anderem dafür werde ich ja bezahlt -, aber bei diesem Kerl war mir das damals doch verdammt schwer gefallen. Mensch, was hat der Typ sich selbst und auch mir das Leben oft schwer gemacht. Ich musste ihn teilweise regelrecht aus dem Klassenraum tragen. Als ich ihn fragte, woher denn nun sein Sinneswandel rühre, wieso wir zehn Jahre nach unserem Abschied plötzlich das beste gemeinsame Gespräch führten und was damals seines Erachtens „schief gelaufen“ sei, antwortete er lakonisch: „Ihr habt einfach viel zu viel an mir rumgedoktert.“

In diesem Zuge stellen sich mir zwei Fragen: Wie groß ist eigentlich mein Einfluss als Sozialpädagoge auf die Lebenswege der mir anvertrauten Menschen wirklich? Und was haben Pädagogen und Lehrer damals wohl von mir gedacht, in mir gesehen?

Zur ersten Frage gibt es wahrscheinlich keine allgemein gütige Antwort. Die Selbstironie, mit der beide oben angesprochenen „Seiten“ heute miteinander sprechen und zum Teil auch lachen können, zeigt mir, dass es mir zumindest in einigen Fällen scheinbar gelungen ist, anständige, wertschätzende Beziehungen zu gestalten. Zur zweiten Frage erhielt ich letztens eine überraschende Antwort von unerwarteter Seite.

Gleich zwei meiner ehemaligen Klassen- und Deutschlehrer sind dieser Tage Herausgeber der Zeitschrift „Heimatstimmen des Kreises Olpe“. Ich habe immer noch diesen eigenartigen Wunsch, dass Menschen stolz auf mich sind und ihrerswits wissen, was ihr Einfluss mir bedeutet (hat). Also fragte ich sie, ich mus zugeben, eher durch die Hintertür, ob ich ihnen demnächst mein Buch zuschicken könne, auf dass sie es rezensieren mögen.

Die Zusage kam während des Besuches der zwei bei den aktuellen „Heimatstimmen-Titelheldinnen“ vom ESV Finnentrop, die sich ein persönlich überreichtes Freiexemplar redlich verdient hatten. Wer denn die nette Dame oben rechts sei, wollten meine Lehrer im Ruhestand wissen. „Dein Vater war ein ganz Toller“, habe laut Tochter einer von ihnen gesagt, „was er jetzt tut, ist etwas ganz Besonderes. Natürlich erfüllen wir ihm den Wunsch, sein Buch in den“ Heimatstimmen“ zu besprechen.“

Über 35 Jahre nach ihrem allerersten Impakt auf meine Entwicklung nehmen zwei meiner damaligen Lehrer erneut positiven Einfluss. Auf einen 46jährigen!

Ich bin sehr stolz und verlegen. Wer hätte das gedacht?